Die Digitalisierungslücke – Digitale Transformation zwischen Wunsch und Wirklichkeit

10.04.2021

Autor: Andreas Seufert

Empirische Forschungsergebnisse zeigen, dass sich die digitale Kluft zwischen den Unternehmen zunehmend vergrößert. Diese Spaltung („Digital Divide“) ist nicht mehr ausschließlich zwischen datengetriebenen Tech-Konzernen und „klassischen“ Unternehmen zu beobachten, sondern zeigt sich auch besonders stark zwischen „klassischen“ Unternehmen.

Ausgangslage

„Alles, was digitalisiert und in Informationen verwandelt werden kann, wird digitalisiert und in Informationen verwandelt“ und: „Was automatisiert werden kann, wird automatisiert“ (Zuboff 1998).

Empirische Forschungsergebnisse zeigen, dass sich die digitale Kluft zwischen den Unternehmen zunehmend vergrößert. Diese Spaltung („Digital Divide“) ist nicht mehr ausschließlich zwischen datengetriebenen Tech-Konzernen und „klassischen“ Unternehmen zu beobachten, sondern zeigt sich auch besonders stark zwischen „klassischen“ Unternehmen. Dies birgt die Gefahr, dass eine große Zahl von Unternehmen im Wettbewerb abgehängt werden. Insbesondere auch deshalb, weil die Geschwindigkeit der Digitalen Transformation massiv zunimmt, so dass aktuelle Rückstände in Zukunft immer schwerer aufzuholen sind.

Die Bedeutung von Daten als Ressource hat sich maßgeblich gewandelt – Daten sind zu einem der wichtigsten und wertvollsten Wirtschaftsgüter unserer Zeit geworden. Eine Schätzung des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens IDC geht davon aus, dass die globale Datensphäre von 33 Zettabytes (November 2018) bis 2025 auf 175 Zettabytes anwachsen wird, von denen 25% in Echtzeit abrufbar sein werden (Reinsel/ Gantz/ Rydning 2018).

Kaum ein Bereich des wirtschaftlichen, öffentlichen oder privaten Lebens ist nicht von den Auswirkungen der digitalen Transformation betroffen. Im Hype Cycle des US-Marktforschungsinstituts Gartner gelten fortgeschrittene KI und Analytik als eine der fünf zentralen Megatrends innerhalb der der nächsten 10 Jahre (Panetta 2019a). Für mittelständische Unternehmen prognostiziert das Marktforschungsinstitut als einen der drei herausragendsten Trends eine Kultur, welche sich auf datengetriebene Erkenntnisse stützt (Panetta 2019b). Ein strategischer Umgang mit Daten – längst ein zentraler Wettbewerbsfaktor – sollte daher eigentlich selbstverständlich geworden sein.

Viele Probleme im geschäftlichen Kontext sind allerdings zu komplex, um effektiv mit Hilfe traditioneller Methoden adressiert werden zu können. Die rasanten technologischen Fortschritte der jüngsten Vergangenheit, i.V.m. einer dramatisch zunehmenden Verfügbarkeit neuer Datenquellen bei gleichzeitig stetig sinkenden Kosten zwingen Unternehmen immer stärker zu einem Überdenken traditioneller Strukturen und Lösungsansätze um in einem von Dynamik, Volatilität, Unsicherheit und Komplexität geprägten Wettbewerbsumfeld erfolgreich zu sein.

Vor diesem Hintergrund skizziert der Beitrag u.a. ausgewählte Ergebnisse eines empirischen Forschungsprojektes, welches der ICV Fachkreis BI/ Big Data und Controlling in Kooperation mit dem Competence Center Digital Finance & Controlling des Instituts für Business Intelligence der Steinbeis Hochschule Berlin und des Business Innovation Lab der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen durchgeführt hat.

Hintergrundinformationen zur aktuellen Studie

Die Studie Digitale Transformation der Unternehmenssteuerung – Daten, Analytics und Innovation, aus der nachfolgend ausgewählte Teilergebnisse dargestellt werden, wurde als Online Befragung im Zeitraum vom 06. Februar bis 14. Mai 2020 durchgeführt. Zielgruppe der Befragung waren Führungskräfte mittelständischer und großer Unternehmen in Deutschland. Angesichts der Zielsetzung der Studie umfasste der Fragebogen die Themenkategorien Einschätzung des Markt- und Wettbewerbsumfeldes, technologische und organisatorische Ausgestaltung von Daten und Analytics, Einschätzung der Innovationsaktivitäten sowie den Einsatz von Analytics für Innovationen. Die Rückläufe wurden zunächst auf Konsistenz des Antwortverhaltens geprüft und gefiltert, so dass ein verwertbarer Stichprobenumfang von 142 verblieb. Die Einschätzungen der Teilnehmer wurden auf einer 5-stufigen Skala erhoben. Dabei gelten die Skalenwerte 1–2 (Sehr niedrig/ Niedrig), 3 (Durchschnittlich) sowie 4–5 (Hoch / Sehr hoch).

Die meisten der Befragten (66 %) nahmen eine unternehmenssteuernde Funktion in ihrer Organisation ein, gefolgt von Rechnungswesen/ Finanzen (15 %) und IT (7 %). Die Umfrageteilnehmer repräsentierten Unternehmen aus verschiedensten Branchen. Am häufigsten vertreten waren die Branchen Unternehmensberatungen/ IT Dienstleister (9 %), Handel (9 %), Chemie, Öl und Gas (9 %), gefolgt von Informationstechnologie (8 %) und Automobilbau (7 %). 44% der Unternehmen stammen aus dem Mittelstand (bis eine Milliarde Euro Umsatz), rund 56 % repräsentieren Großunternehmen. Letztere verteilen sich gleichmäßig auf die Untergruppen Mittlere Großunternehmen (bis fünf Milliarden Euro Umsatz) und große Großunternehmen (über fünf Milliarden Euro Umsatz). Knapp 93 % der Unternehmen haben ihren Hauptsitz in der DACH-Region, davon 84 % in Deutschland, 5 % in Österreich und 4 % in der Schweiz, während 5 % auf andere europäische Länder und 2 % auf sonstige Länder außerhalb der EU entfallen. Ein Viertel der befragten Unternehmen gab an, börsennotiert zu sein. Über die Hälfte (54 %) gab an, Marktführer in Europa oder auf einem anderen Kontinent zu sein. 29 % der befragten Unternehmen bedienten einen rein nationalen Markt, 14 % den EU-Markt und 57 % sind auf dem globalen Markt aktiv.

Wie eingangs dargestellt, umfasst die umfangreiche Studie eine Vielzahl von Themenkomplexen. An dieser Stelle können jedoch aus Platzgründen nur ausgewählte Erkenntnisse skizziert werden.

Digitalisierungslücke I – Niedrige analytische Reife

Herausforderndes Markt- und Wettbewerbsumfeld bei hohem Digitalisierungsdruck

Das Markt- und Wettbewerbsumfeld wird von den Studienteilnehmern als herausfordernd/ sehr herausfordernd beschrieben. Spitzenreiter ist dabei die Komplexität (4,2 auf einer 5 stufigen Skala), gefolgt von der Wettbewerbsintensität (4,0). Auf Platz 3 folgt die Veränderungsgeschwindigkeit/ Dynamik mit 3,7. Der Wettbewerb durch neue, auch branchenfremde Wettbewerber wird dagegen eher als unterdurchschnittlich hoch eingeschätzt (2,6).

Abb. 1: Einschätzung des Markumfeld- und Wettbewerbsumfeldes

Der Einfluss der Digitalisierung auf die eigene Branche wird von den Studienteilnehmern als sehr hoch eingeschätzt. 72% der Befragten gaben an, sehr stark/ stark betroffen zu sein. 25 % sahen sich durchschnittlich und lediglich 4 % wenig/ sehr wenig betroffen.

Abb. 2: Digitalisierungsdruck (allgemein)

Interessant war in diesem Zusammenhang, dass die Größe der Unternehmen bei dieser Einschätzung keine Rolle spielte.

Auffällig ist, dass zwar der Einfluss der Digitalisierung auf die eigene Branche sehr hoch eingeschätzt wird, gleichzeitig aber die disruptive Wirkung der Digitalisierung auf Branchen und Unternehmen deutlich niedriger bewertet wird. Aus Sicht der Studienteilnehmer sind eher effizienzorientierte Aspekte entscheidend, wie z.B. die Optimierung bestehender eigener Geschäftsprozesse oder die Zusammenarbeit mit Partnern innerhalb bestehender Geschäftsmodelle.


Abb. 3: Einschätzung Auswirkungen der Digitalisierung auf die eigene Branche (Detail)

Aus Sicht der Autoren ist dies eine gefährliche Fehleinschätzung. Im Vergleich zu digitalen Champions wird offensichtlich immer noch zu analog gedacht und die disruptive Wirkung von Digitalen Produkten/ Services i.V.m. massiv unterschätzt (Seufert/ Treitz 2020).

Niedriger analytischer Reifegrad trotz hoher Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde auf der Basis umfangreicher Literaturanalysen eine analytisches Reifegradmodell entwickelt und validiert. Das Modell besteht aus fünf aufsteigenden Reifegraden (Initial, Reaktiv, Informativ, Prädiktiv und Transformativ). Die Bewertung des Reifegrades erfolgt anhand der drei Dimensionen Technologie, Daten und Organisation mit insgesamt 65 Kriterien. Die Dimension Technologie umfasst beispielsweise Aspekte wie genutzte Technologieklassen, Gestaltung der Analytics Infrastruktur sowie Anwendungsgebiete von Analytics im Unternehmen. Die Dimension Daten umfasst Bereiche wie die Datenqualität, Governance und Compliance, die Arten von verarbeiteten Datentypen sowie die Ausgestaltung des Datenaustausches im Unternehmen. Die Dimension Organisation berücksichtigt u.a. die Ausprägung der datenbasierten Entscheidungsfindung, den abteilungsübergreifenden Einsatz von Analytics sowie die Analytics Strategie.

Hinsichtlich der aktuell in den Unternehmen eingesetzten Technologien zeigt sich – wie schon in früheren Studien – ein erheblicher Nachholbedarf. Es werden hauptsächlich traditionelle Technologien wie Standard relationale Datenbanken, Standard BI-Werkzeuge und Standard Datenintegrationslösungen genutzt. Fortgeschrittene Technologien wie In-Memory Datenbanken, Explorative Analyse Tools, Big Data Appliances, cloudbasierte Analytics Anwendungen und Streaming Datenbanken werden nur von einer geringen Anzahl der befragten Unternehmen sehr intensiv/ intensiv genutzt.

Der primäre Wert von Daten liegt allerdings nicht in der Rohform der Daten, sondern in den Erkenntnissen, Entscheidungen, Produkten und Dienstleistungen, welche aus der Analyse dieser Daten hervorgehen. In der Ära von Analytics sind Daten eine essenzielle Unternehmensressource, welche für viele Unternehmen und deren Geschäftsmodelle eine strategische Bedeutung gewonnen hat. Insofern wurde auch der Einsatz fortschrittlicher Analytics Lösungen und spezieller Big Data Anwendungen untersucht. Auch hier zeigt sich insgesamt ein niedriger Reifegrad. Der Einsatz von Analytics in speziellen Anwendungsgebieten konzentriert sich hauptsächlich auf die Erstellung von einfachen Prognosemodellen, die Identifikation von Einflussgrößen und ihrer Stärke. Am schwächsten sind Sprachverarbeitung/ Verarbeitung unstrukturierter Informationen sowie die Machine Learning gestützte Generierung autonomer Entscheidungsvorlagen vertreten. Auffällig ist auch der hohe Anteil intuitiver im Vergleich zu datenbasierten Entscheidungen.

Die Fähigkeit von Unternehmen, Analytics Projekte erfolgreich umzusetzen hängt auch von Organisationsaspekten ab, wie der Formulierung einer Analytics Strategie mit klaren Verantwortlichkeiten, Unterstützung der Projekte durch die Geschäftsführung und der allgemeinen Etablierung einer Analytics-Kultur. Die hohe strategische Bedeutung eines Ausbaus von Analytics-Kompetenzen steht allerdings aus Sicht der Befragten im Widerspruch zur angegebenen Unterstützung der Geschäftsleitung. Auch eine Analytics Strategie, die anhand von Indikatoren überprüft und stetig angepasst wird, ist bei nach Einschätzung der Studienteilnehmer wenig ausgeprägt.

Der insgesamt recht niedrige Gesamtreifegrad ist augenscheinlich auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Besonders kleine Unternehmen sehen den Fachkräftemangel, ein fehlendes Know-How über die Möglichkeiten von Analytics sowie eine fehlende Strategie und Verantwortlichkeit als Hemmnisse.

Insgesamt zeigt sich – wie auch schon in der Studie 2017 – eine insgesamt hohe Umsetzungslücke (Seufert/ Engelbergs/ von Daacke/ Treitz 2019 sowie Treitz/ Seufert 2020). Allerdings wird – trotz des niedrigen Reifegrades – die hohe Bedeutung der Digitalen Transformation für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen gesehen. Die Befragten schätzen die Bedeutung von Analytics für die eigene Wettbewerbsfähigkeit insgesamt als hoch bzw. sehr hoch ein.

Digitalisierungslücke II – Digital Divide zwischen Top-Performern und Low-Performern

Neben der grundsätzlich Digitalisierungslücke zeigt sich ein weiteres Phänomen. Das sog. Digital Divide, d.h. die Kluft zwischen Top-Performern und Low Performern (bezogen auf die Digitalisierung) nimmt nicht nur zwischen Digitalen Champions und traditionellen Unternehmen (Schrage/ Kion 2018a sowie Schrage/ Kion 2018b), sondern auch innerhalb traditioneller Unternehmen zu.

Im Rahmen der aktuellen Studie wurde eine erhebliche Spreizung zwischen Top-Performern und Low Performern deutlich. Als Top-Performer wurden dabei Unternehmen der Stufen 4 und 5 des Gesamt-Reifegradmodells klassifiziert (~ 13 % der Stichprobe). Low-Performer dagegen umfassen die Stufen 1 und 2 (rund 45% der Stichprobe). Während Top-Performer fast 75% der max. möglichen Reifegradpunkte erreichten, fielen Low Performer mit rund 40 % deutlich ab. Wie nachfolgende Abbildung visualisiert, ist diese die Spaltung nicht nur punktuell beobachtbar, sondern umfassend.


Abb. 4: Reifegrade Top-Performer vs. Low-Performer

Diese deutlichen Unterschiede lassen sich bis auf die unterste Detailebene des Reifegrad-Modells beobachten. So unterscheiden sich beispielsweise innerhalb des Technologischen Reifegrades Top-Performer und Low Performer massiv hinsichtlich der erreichbaren Punkte für die allgemeine Nutzung von Technologien (74% vs. 40 %), der Nutzung von Technologien für das Handling von Daten (83% vs. 40%) und der Nutzung von Technologien für Analytics (73% vs. 26%).

Auch innerhalb des Daten Reifegrades sind die Unterschiede hinsichtlich der erreichbaren Punkte bzgl. Verfügbarkeit von Daten (77 % vs. 45 %), Reichweite der Datenquellen (70 % vs. 35 %) sowie Intensität des Datenaustausches (69% vs. 42%) sehr hoch.

Diese Bild setzt sich auch innerhalb des organisatorischen Reifegrades fort. Beispielsweise zeigen sich hinsichtlich der organisatorischen Einsatzbreite von Daten und Analytics (73% vs. 35 %), der Intensität der strategischen Verankerung von Daten und Analytics (57% vs. 23 %) oder dem Top-Management Support (88% vs. 44 %) gravierende Unterschiede.

Markt- und Wettbewerbsumfeld und Digitalisierungsdruck

Auffällig ist auch die unterschiedliche Wahrnehmung des Mark- und Wettbewerbsumfeldes. Insgesamt wird der Wettbewerb von Top-Performern deutlich herausfordernder wahrgenommen.


Abb. 5: Markt- und Wettbewerbseinschätzung: Top-Performer vs. Low-Performer

Fast 95 % schätzen die Intensität des Wettbewerbs als Sehr hoch/ Hoch ein, allerdings nur rund 61 % der Low-Performer. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei dem aus Top-Performer-Sicht zweitwichtigsten Kriterium der Wettbewerbsdynamik. Während knapp 90 % der Top-Performer die Veränderungsgeschwindigkeit und Dynamik des Wettbewerbs als Sehr hoch/ Hoch einschätzen, sind dies bei Low-Performern nur rund 41 %. Hinzu kommt eine unterschiedliche Einschätzung hinsichtlich der Komplexität des Wettbewerbsumfelds. Während diese für Low-Performer den höchsten Stellenwert hat (ca. 69 %), sehen Top-Performer diese mit rund 84 % nur auf Platz 3 der Wettbewerbsfaktoren. Deutlich abgeschlagen auf Platz 4 – wenn auch sehr unterschiedlich stark ausgeprägt – ist bei beiden Gruppen die Einschätzung des Druckes neuer branchenfremder Wettbewerber. Fast 47 % der Top-Performer sehen eine hohe bis sehr hohe Betroffenheit ihrer Branche durch neue, branchenfremde Wettbewerber, während nur rund 17 % der Low-Performer diese Einschätzung teilen. Aus Sicht der Autoren ist dies eine sehr gefährliche Einschätzung: Sich in diesem Punkt in falscher Sicherheit zu wiegen, kann schwerwiegende Konsequenzen für Unternehmen haben, da Digitale Champions mit Plattformansätzen in hoher Geschwindigkeit neue Geschäftsfelder erschließen.

Auffällig ist auch die sehr unterschiedliche Wahrnehmung des Digitalisierungsdruckes. Während Top-Performer einen extrem hohen Druck verspüren, ist dieser bei Low-Performern deutlich schwächer ausgeprägt.


Abb. 6: Digitalisierungsdruck (allgemein): Top-Performer vs. Low-Performer

Insgesamt scheint es so, dass sich Top-Performer im Bereich der traditionellen Industrien hinsichtlich Ihrer Wahrnehmung des Wettbewerbsumfeldes wie auch des Drucks zur Digitalen Transformation der Einschätzung Digitaler Champions annähern. Allerdings realisieren letztere deutlich stärker die Bedrohungen durch neue, ggf. branchenfremde Wettbewerber.

Innovative Nutzung von Daten/ Analytik

Nicht nur das Fähigkeitslevel hinsichtlich Daten und Analytics spielt im Wettbewerb eine zentrale Rolle, sondern auch, wie diese Fähigkeiten genutzt werden. Auch hier zeigt sich eine sehr deutliche Spreizung. Top-Performer setzen zu einem deutlich höheren Anteil Ihre Fähigkeiten in innovationsrelevanten Bereichen ein. Dies gilt sowohl für Prozess- und Produktinnovationen, aber auch für Innovationen hinsichtlich ganzer Geschäftsmodelle.


Abb. 7: Innovative Einsatzbereiche Daten/ Analytics: Top-Performer vs. Low-Performer

Implikationen und Herausforderungen für Unternehmenssteuerung/ Controlling

Daten werden immer wieder als der Rohstoff des 21. Jahrhunderts beschworen. Gleichzeitig wird dem richtigen Umgang mit Daten und Analytics eine sehr hohe Wettbewerbsrelevanz zugebilligt. Die Situation rund um Covid-19 hat zudem bei vielen Unternehmen eine erhöhte Sensibilität für die wirtschaftliche Bedeutung der Digitalisierung entstehen lassen. Vielfach wird erwartet, dass Covid-19 die Digitale Transformation weiter befeuert und beschleunigt (Seufert 2020).

Auch wenn Innovationen für das Controlling kein einfaches Feld darstellen, so besteht die Gefahr, dass durch ein Festhalten an traditionellen Tools, Mind- und Methodensets viel Zukunftspotential verschenkt wird (Weber 2020). Zwar hat es in den letzten 10 Jahren durchaus positive Entwicklungen gegeben. Während beispielsweise im Jahr 2009 noch ein wesentliches Problem in einem Mangel an zugänglichen Daten bestand, verfügt mittlerweile das Controlling in vielen Unternehmen über ausreichende Datenmengen, um auch fortgeschrittene Methoden und Verfahren einsetzen zu können. Allerdings bleibt der Einfluss des Controllings auf Entscheidungen und Aktionen hinter den Möglichkeiten zurück, solange unzureichende Methodenkompetenz, ein daraus resultierendes fehlendes Vertrauen in die neuen Möglichkeiten sowie auf veralteten Methoden basierende Steuerungsmodelle nicht überwunden werden können (Treitz/ Seufert 2020). Die Top-Performer zeigen, dass die Neuausrichtung der Unternehmenssteuerung gelingen kann. Dies gelingt allerdings nur, wenn das Thema Innovation auch im Bereich der Unternehmenssteuerung und des Controllings Einzug hält (Seufert/ Schwarzwaelder/ von Künssberg 2020).

Literatur:

  • Panetta, K. (2019a): 5 Trends Appear on the Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies, 2019, [online] https://www.gartner.com/smarterwithgartner/5-trends-appear-on-the- gartner-hype-cyclefor-emerging-technologies-2019/, abgerufen am 25.03.2020.
  • Panetta, K. (2019b): 3 Major Trends Drive the Gartner Hype Cycle for Midsize Enterprises, 2019, [online] https://www.gartner.com/smarterwithgartner/3-major-trends-drive-gartner- hype-cyclemidsize-enterprises-2019/, abgerufen am 25.03.2020.
  • Reinsel, D./ Gantz, J.; Rydning, J. (2018): The Digitization of the World – From Edge to Core.
  • Schrage, M./ Kion, D. (2018a): Leading with Next- Generation Key performance Indicators, Research Report MIT, 2018.
  • Schrage, M./ Kion, D. (2018b): Understand the Real Keys to Effective KPIs, Research Brief MIT, 2018.
  • Seufert, A (2020): Blitzumfrage: “ Covid-19 & Digitale Transformation, 2020.
  • Seufert, A./ Engelbergs, J./ von Daacke, M./ Treitz, R. (2019): Digitale Transformation und Controlling – Erkenntnisse aus der empirischen Forschung des ICV. Controllermagazin, 2019, Heft Januar/ Februar.
  • Seufert, A./ Treitz, R. (2020): Digitale Transformation – wird immer noch zu analog gedacht? – Lernen von den digitalen Champions. In: Controller Magazin – Special, Mai/ Juni 2020, S. 18-20.
  • Treitz, R./ Seufert, A. (2020): Controlling und Technik – Eine unvollendete Erfolgsgeschichte. In: Gleich, R. (Hrsg.): Modernes Kostenmanagement, Haufe 2020, S. 147-156.
  • Seufert, A./ Schwarzwaelder, M./ von Künssberg, C. (2020): Controlling-Transformation: Die Neupositionierung des Controllings – dargestellt am Beispiel der BASF SE. In: Gleich, R. (Hrsg.): Challenge Controlling, Haufe 2020.
  • Weber, J. (2020): Ist das Controlling kein Freund von Innovationen? In: Controller Magazin, Juli/ August 2020, S. 74-75.
  • Zuboff/ S. (1988): In the age of the smart machine: The future of work and power. New York: Harper Collins.