Digitale Transformation in der Unternehmenssteuerung – zwischen Wunsch und Wirklichkeit

02.09.2019

Autor: Andreas Seufert

Information gilt zwar schon seit langem als die strategische Ressource des 21. Jahrhunderts, um die Potenziale digitaler Informationen zu heben, müssen allerdings das bisherige Verständnis und der eher traditionelle Umgang mit Informationen erheblich weiterentwickelt werden.

Handlungsdruck zur Schließung der technologischen Lücke

Hinsichtlich der Möglichkeiten Informationen zu erschließen und nutzbar zu machen, hat es in den letzten Jahren dramatische Fortschritte gegeben.

Einerseits werden damit Zugriff/Speicherung neuartiger Datenquellen (wie z.B. Sensorik) ermöglicht, andererseits können diese Daten mit anderen Daten vernetzt und über fortschrittliche Analytik/künstliche Intelligence (KI) erschlossen werden.

Die gegenwärtig in den Unternehmen eingesetzten Technologien zeigen allerdings nach aktuellen Forschungsergebnissen vielfach einen deutlichen Nachholbedarf. (Seufert, A./ Engelbergs, J./ von Daacke, M./ Treitz R: Digitale Transformation und Controlling – Erkenntnisse aus der empirischen Forschung des ICV. In: Controllermagazin (Jan/Feb), 2019).

Während traditionelle Technologien wie Standard Relationale Datenbanken oder Standard BI Werkzeuge weit verbreitet sind, gibt es beim Einsatz moderner Technologien, wie z.B. Big Data, Speichertechnologien oder modernen analytischen Technologien noch erhebliches Potenzial.

Abb 1: Einsatz traditioneller vs. moderner Technologien

Neben der Möglichkeit auf Daten zuzugreifen und diese für die weitere Verarbeitung speichern zu können, ist insbesondere die Verknüpfung und Nutzung dieser Daten auf Basis von Analytics/KI entscheidend.

Hierbei zeigt sich, dass die Bedeutung von Analytics/KI für die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie sehr hoch eingeschätzt wird. Tendenz weiter steigend.

Abb 2: Bedeutung von Analytics/ KI für die eigene Digitalisierungsstrategie

Der aktuell noch geringe Einsatz innovativer Technologien steht allerdings im Widerspruch zu der hohen Bedeutung, welche die Unternehmen ihnen für die Umsetzung der eigenen Digitalisierungsstrategie zuweisen.

Dieser Umsetzungsstau kann als Indiz dafür gewertet werden, dass die traditionelle Organisation im Umgang mit Informationen an Ihre Grenzen kommt.

Und es steht zu befürchten, dass sich diese Diskrepanz eher weiter vergrößert sofern nicht gegengesteuert wird.

Das Setzen neuer Prioritäten und das Abschneiden alten Zöpfe erscheint daher eine zentrale Herausforderung.

Zusätzlicher massiver Handlungsdruck entsteht einerseits dadurch, dass die Umstellung der technologischen Infrastruktur erheblich Zeit braucht, andererseits (digitale) Wettbewerber diese neuen Technologien bereits seit einiger Zeit einsetzen und sich so bereits erhebliche Wettbewerbsvorsprünge erarbeitet haben.

Umsetzungslücken bei der Nutzung neuer Datenquellen

Hinsichtlich des Aufbaus einer zeitgemäßen Methodenkompetenz in Sachen Daten und Analytik befindet sich die Mehrzahl der Unternehmen noch in einer frühen Reifegradphase.

  • Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt bei den meisten Unternehmen aktuell noch im Aufbau entsprechender Datenplattformen und in der Anwendung bestehender analytischer Modelle.
  • Die eigene Weiterentwicklung der Analysemethoden bzw. der hierfür erforderliche systematische Aufbau entsprechender Trainingsdaten steht dagegen noch nicht so sehr im Fokus.
  • Die eigene Entwicklung moderner Analysemethoden oder der systematische Aufbau von eigener Trainingsdaten bietet dagegen noch erhebliches Potenzial.

Abb 3: Schwerpunkte im Aufbau der eigenen Daten- und Analytik-Kompetenz der Unternehmen

Beachtliche Unterschiede gibt es auch zwischen den aktuell genutzten und den für die Umsetzung der eigenen Digitalisierungsstrategie als sinnvoll erachteten Datenquellen.

Dabei fällt auf, dass die tatsächliche Nutzung lediglich in den traditionellen Datenquellen wie ERP- oder Data-Warehouse-Systemen hoch ist. Alle anderen Datenquellen fallen deutlich ab.

Große Differenzen zwischen tatsächlicher Nutzung und als sinnvoll erachteter Nutzung ergeben sich v.a. in den neuartigen Datenquellen, wie z.B. Sensorik-Daten. Auch das analytische Erschließen nicht numerischer Daten, wie z.B. Text, erscheint den Unternehmen zwar sinnvoll, wird aber noch eher wenig genutzt.

Abb 4: Eigene Digitalisierungsstrategie – Umsetzungslücke Nutzung neuartiger Datenquellen

Umsetzungslücken bei der Nutzung zeitgemäßer Analysemethoden

Sehr deutliche Unterschiede zeigen sich auch zwischen den aktuell genutzten und den für die Umsetzung der eigenen Digitalisierungsstrategie als sinnvoll erachteten Analysemethoden.

Abb 5: Eigene Digitalisierungsstrategie – Umsetzungslücke Nutzung zeitgemäßer Analysemethoden

Dabei fällt auf, dass die tatsächliche Nutzung insgesamt niedrig ist (zwischen rund 31  % und rund 7 %). Die Anwendung dieser Methoden im Rahmen der eigenen Digitalisierungsstrategie erscheint den Studienteilnehmern aber durchaus sinnvoll.

Überraschend ist auch, dass die Umsetzungslücke sich bereits bei einfacheren Mustererken-nungsverfahren, wie der Identifikation unentdeckter Muster oder Einflussgrößen/Treibern, schon deutliche Diskrepanzen zeigt.

Fehlendes Methodenwissen Daten/Analytik als wesentliche Barriere

Diese Umsetzungslücken spiegeln sich wider im Bereich der analytischen Methodenkompetenz. Fehlendes Wissen bzw. fehlendes Fachpersonal, welches über das erforderliche Wissen verfügt, sind die wichtigsten Gründe für die Realisierungslücken.

Abb 6: Eigene Digitalisierungsstrategie – Hinderungsgründe/ Barrieren (Ranking nach Häufigkeit)

Die teilweise gravierende Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit hinsichtlich der Nutzung von Datenquellen und der darauf aufbauenden Analytik zur Umsetzung der eigenen Digitalisierungsstrategie resultiert augenscheinlich aus einem Mangel an verfügbarer Methodenkompetenz in den Unternehmen.

Die Schließung dieser Lücke ist eine zentrale Herausforderung für die Unternehmen, um im digitalen Wettbewerb zu bestehen.